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Einblick ins Gemeinschaftszentrum Zürich-Affoltern

Aktualisiert: 13. Apr. 2023

An diesem Mittwochnachmittag herrscht reges Treiben im Gemeinschaftszentrum (GZ) Zürich-Affoltern: Viele Eltern mit Kindern sind vor Ort und tauschen sich im Café aus. Die Kinder in der Spielecke fühlen sich hier sichtlich wohl. Der lichtdurchflutete, grosszügige Innenraum ist mit vielen Pflanzen, einer Cafébar und Tischen ausgestaltet und lädt zum sozialen Austausch, Verweilen oder Spielen ein.



Ich treffe Regula Stocker, die Betriebsleiterin des GZ Zürich-Affoltern. Sie ist mit ihrem interdisziplinären Team von 12 fest angestellten Mitarbeitenden für den Betrieb und die Umsetzung des soziokulturellen Auftrags verantwortlich. Gleich im Eingangsbereich des roten Backstein-Gebäudes fallen auf einer Informationstafel die zahlreichen Flyer ins Auge: In Sparten wie «Bewegung/Tanz», «Treffs/Gruppen», «Werken/Gestalten», «Sprachen/Literatur», «Spiel» oder «Wissen/Beratung» werden diverse Angebote angepriesen.

«Diese breite Angebotspalette wird sowohl von uns selber als auch durch Externe angeboten. Sie bringt die Menschen im Quartier zu uns ins GZ, so dass wir mit ihnen in Beziehung gehen können.», erläutert Regula. Für die jüngsten Besucher*innen sind die städtische Mütter- und Väterberatung, eine private Spielgruppe und eine durch Freiwillige organisierte «Chrabbelgruppe» im GZ eingemietet. Die Asylorganisation Zürich AOZ bietet im GZ niederschwellige Deutschkurse an und die Caritas nutzt die Räumlichkeiten für die «Flickstube», in welcher Migrantinnen unter kundiger Anleitung Näh- und Flickaufträge der Besucher*innen aus dem Quartier ausführen sowie neben dem Nähen auch Deutsch lernen und soziale Kontakte knüpfen. Die Pestalozzi Bibliothek im Gebäude ist ein weiterer Anziehungspunkt im Quartier. Auf unserer Tour durch das Gebäude zeigt mir Regula die vielfältigen Räume, welche für Angebote und Veranstaltungen von Organisationen und Privaten gemietet werden können. Der grosse Saal mit der Theaterbühne wird an diesem Tag gerade für die Kinderkleiderbörse genutzt.


Vielfältige Angebote und Zielgruppen

Die Gemeinschaftszentren sind für alle Menschen und vielfältige Interessen zugänglich. «Die Vielfalt der Zielgruppen ist in unseren funktionalen Grundsätzen festgehalten. Unsere Angebote sind generell so niederschwellig wie möglich, damit wir möglichst alle Menschen im Quartier erreichen.», erklärt Regula und gibt ein konkretes Beispiel für die Nutzervielfalt: «An einem Dienstagnachmittag finden gleichzeitig das Angebot ‘Internationale Tänze’ für Ü60-Jährige der Pro Senectute sowie die Mütter- und Väterberatung statt. Wer möchte, trifft sich anschliessend bei uns im Kafi-Treff zum Generationen-übergreifenden Austausch.» Diese Durchmischung gibt es auch mit Menschen mit Migrationshintergrund, z.B. durch die Angebote der AOZ und der Caritas. Durch die Mütter- und Väterberatung finden generell viele Familien aus dem Quartier den Weg ins Gemeinschaftszentrum. «Familien zu erreichen, ist quasi ein Selbstläufer.», führt Regula aus, «Eine Herausforderung ist es, Erwachsene ohne Kinder zu uns zu holen. Wir erreichen sie meistens über die jeweiligen Interessen. Wer werken möchte, findet bei uns eine Werkstatt. Wer eine Räumlichkeit für die Ausübung seines Hobbies sucht, kann sich bei uns einmieten.»

Im unteren Stockwerk besichtigen wir die grosse Werkstatt und das Atelier, in welchen Kinder, Jugendliche und Erwachsene Hilfe bei gestalterischen Arbeiten bekommen und den Umgang mit handwerklichen Techniken erlernen. Sie können Materialien nutzen, Fachpersonen zu Rate ziehen und dort ihre eigenen Ideen verwirklichen. Auf den Tischen liegen Holzplatten, Textilien, Papier, Farbe oder Ton bereit. An diesem Tag sind einige Mütter, Kinder und ein älterer Herr mit Basteln, Leimen, Kleben, Malen und Schleifen beschäftigt. Neben den beiden Räumen befinden sich ein Musikraum, welcher von Bands genutzt wird, sowie ein Raum für den Jugendtreff, in dem sich gerade Kinder und Jugendliche aus der Mittelstufe aufhalten. «Im Jugendtreff sind immer mindestens zwei Aufsichtspersonen mit den Jugendlichen anwesend.», erklärt Regula.


Jede und Jeder kann mitgestalten

Das GZ Zürich-Affoltern ist eines von 17 Gemeinschaftszentren in der Stadt Zürich. Es liegt in einem Wohnquartier am Rande von Zürich-Affoltern mit rund 27'000 Einwohner*innen, was beinahe an die Grösse der Stadt Zug herankommt. Die Zürcher Gemeinschaftszentren sind als gemeinnützige Stiftung organisiert und prägen das Leben in der Stadt Zürich seit bald 70 Jahren mit. Sie setzen mit ihrer Arbeit den soziokulturellen Auftrag des Sozialdepartements der Stadt Zürich um. 2022 haben rund 1,1 Millionen Besucher*innen die Angebote und Treffpunkte genutzt. Ihr Stiftungszweck beinhaltet das Ziel, dass «Jede und Jeder in Zürich den eigenen Lebensraum mitgestalten kann und im Quartier ein Stück Heimat findet. Das macht aus den Zürcher Gemeinschaftszentren Orte, die Menschen aller Generationen verbinden, das Zusammenleben stärken und zu Integration und Chancengleichheit beitragen.»


«Gerade auch in der digitalisierten Welt ist es enorm wichtig, dass wir einen physischen Ort bieten.»

Einige Gemeinschaftszentren sind neben ihren Angeboten in den Häusern auch mit mobilen Angeboten im Quartier präsent. Regula erläutert das Konzept: «In der Soziokultur reden wir von der ‘Komm-Kultur’ und der ‘Geh-Kultur’. Die Komm-Kultur beinhaltet alle Angebote, die bei uns im Haus stattfinden. Gerade auch in der digitalisierten Welt ist es enorm wichtig, dass wir einen physischen Ort bieten. Gleichzeitig haben wir einen Auftrag, für das ganze Quartier soziokulturelle Leistungen zu erbringen. Dies versuchen wir auch mit mobiler Quartierarbeit, also mit einer Geh-Kultur, wahrzunehmen. Im Moment läuft bei uns dazu gerade ein Pilot-Projekt.» Das GZ engagiert sich zudem für die Bildung und Pflege des Netzwerks auf Quartierebene. «Wir sind im ‘Netzwerk Affoltern’ mit allen sozial ausgerichteten Organisationen der Region im Austausch. Dazu gehören zum Beispiel die Spitex, die Nachbarschaftshilfe, das Alterszentrum, das Zentrum ELCH, die Institutionen von Pfarrer Sieber, die offene Jugendarbeit OJA, die Bibliothek, die Schulsozialarbeiter*innen und die Kirchen. Es ist ein selbstorganisiertes Netzwerk.»


Begegnungsorte schaffen im Quartier

Unser Rundgang führt abschliessend um das Gebäude, wo uns ein einladender kleiner Park mit Spielwiese und Spielplatz erwartet. Eine Feuerstelle befindet sich nur wenige Meter neben Wohngebäuden. Der Lärm und die hinterlassene Unordnung der Nutzer*innen sind sehr zu Unmut der Anwohner*innen. «Es ist ein klassischer Nutzungskonflikt», erläutert Regula. «Wir versuchen in solchen Fällen jeweils, zwischen den Nutzenden – häufig junge Erwachsene – und den Anwohnenden zu vermitteln. Beide Seiten haben berechtigte Anliegen.» Angesprochen auf die Herausforderungen im Gemeinschaftszentrum sagt sie: «Wir könnten immer noch mehr machen, es wäre immer Bedarf da für mehr. Deshalb müssen wir klare Prioritäten setzen.». Und führt weiter aus: «Unser Auftrag ist es, Begegnungsorte herzustellen und zu bespielen und nicht soziale Arbeit vor Ort zu leisten. Für die eigentliche Beratungsarbeit sind andere Akteure zuständig. Hier übernehmen wir die Triage.»


«Wir könnten immer noch mehr machen, es wäre immer Bedarf da für mehr. Deshalb müssen wir klare Prioritäten setzen. Unser Auftrag ist es, Begegnungsorte herzustellen und zu bespielen.»

In einigen Jahren soll das Gemeinschaftszentrum Zürich-Affoltern renoviert und modernisiert werden. Regula und ihr Team haben viele Ideen, um die Räumlichkeiten und Angebote damit aufzuwerten. So wäre z.B. eine Idee, das Café an die Stelle der heutigen Bibliothek zu verschieben, welche künftig einen neuen Standort im Zentrum von Affoltern erhalten wird. «Toll wäre, wenn dadurch eine offene Terrasse gegen den Quartierpark entstünde, was unser Gemeinschaftszentrum für die Quartierbevölkerung noch offener und einladender gestalten würde.», sinniert Regula. Aktuell läuft eine Machbarkeitsstudie – bis beim Gemeinschaftszentrum die Bagger auffahren, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Wenn es dann soweit ist, wird der GZ-Betrieb in ein Provisorium verlegt werden – ein spannendes, anspruchsvolles Projekt für das GZ-Team.


 




Quellen: Webseite und Geschäftsbericht Zürcher Gemeinschaftszentren

Bildcredits: Gemeinschaftszentrum Zürich-Affoltern

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