Über 54'000 Pakete und 360 Tonnen an Grundbedarfsartikeln sind bei der diesjährigen Ausgabe von «2 x Weihnachten» zusammengekommen. Die Aktion findet in diesem Jahr bereits zum 26. Mal statt und ist weiterhin höchst bedeutsam: 722 000 Personen oder 8,5 Prozent der Schweizer Bevölkerung gelten gemäss Erhebung des Bundesamts für Statistik als arm – das ist jede 12. Person.
Dienstagnachmittag, 10. Januar: Es herrscht ein reges Treiben im Zentrallager des SRK in Wabern bei Bern. Zwischen Paletten und Schachteln stehe ich mit weiteren 24 Freiwilligen der Schweizerischen Post und helfe dabei, die eingetroffenen Pakete zu öffnen und zu sortieren: Konserven, Reis, Teigwaren, Öl, Müesli, Zahnpasta oder Duschgel werden für die weitere Verteilung durch die Rotkreuz-Kantonalverbände bereitgestellt. Diese verteilen die Waren anschliessend an armutsbetroffene Familien und Personen in den Kantonen in der ganzen Schweiz weiter.
Es sind Warenspenden, die das knappe Haushaltsbudget von armutsbetroffenen Menschen entlasten oder ihnen ermöglichen, wofür das Geld im Alltag oftmals nicht ausreicht: sich ein neues Kleidungsstück zu kaufen oder einen Ausflug zu unternehmen. «Es sind kleine Spenden, welche eine grosse Wirkung haben. Für die von Armut betroffenen Menschen macht das einen Unterschied in ihrem Alltag», erklärt Alina Mülhauser vom SRK. Die Aktion 2022/23 ging am letzten Mittwoch zu Ende: zusammengekommen sind über 53'000 Pakete und 365 Tonnen Grundbedarfsartikel, welche in den kommenden Wochen an Armutsbetroffene weitergegeben werden.
7 Fragen Alina Mülhauser, Projektleiterin SRK für die Aktion «2 x Weihnachten»
1. Alina, die Aktion «2 x Weihnachten» findet bereits zum 26. Mal statt. Wie hat sich das Projekt und die Art der Unterstützung in den letzten Jahren (weiter-)entwickelt?
Seit 26 Jahren ist «2 x Weihnachten» ein regelrechtes Traditionsprojekt, dass an Weihnachten 1997 zum ersten Mal lanciert wurde. Damals war die Grundidee, Weihnachtsgeschenke, die man nicht brauchen konnte, weiterzuschenken. Diese Sachspenden verteilten wir dann rund zur Hälfte in der Schweiz und zur Hälfte in ausgewählten Projektländern. Seit der Aktion 2017/2018 legen wir den Fokus von den «Schenkenden» auf die «Beschenkten». Im Zentrum steht, was die armutsbetroffenen Personen wirklich brauchen, und nicht, was die Spendenden abgeben möchten. Deshalb sammeln wir nur noch lang haltbare Lebensmittel und Körperhygieneprodukte. Dass die Aktion auch nach 26 Jahren noch hochaktuell ist, zeigt der steigende Bedarf an Hilfsgütern. Gerade in der aktuellen Situation ist dieser Bedarf im Vergleich zum letzten Jahr um 20 Prozent gestiegen.
2. Die gespendeten Lebensmittel und «Onlinepakete» kommen armutsbetroffenen Menschen in der Schweiz sowie in anderen Ländern zugute. Wie erfolgt diese Zuteilung?
Die eingetroffenen Pakete mit Sachspenden werden in unserem Logistikzentrum geöffnet und auf deren Haltbarkeit geprüft. Anschliessend werden sie sortiert und an die Rotkreuz-Kantonalverbände in der ganzen Schweiz weitergeleitet. Diese verteilen schliesslich die Waren an die armutsbetroffenen Menschen. Die Geldspenden – also die sogenannten «Online-Pakete», welche über unsere Webseite www.2xweihnachten.ch gespendet werden – fliessen in SRK-Winterhilfeprojekte im Ausland. Dieses Jahr unterstützen wir Projekte in Moldawien, Armenien, Kirgistan und Bosnien-Herzegowina. Dabei handelt es sich um Länder, in denen das SRK mit eigenen Mitarbeiter*innen vor Ort ist, welche die Situation gut kennen. Das bedeutet, wir können sinnvolle Winterhilfeprojekte effizient umsetzen.
3. Wie funktioniert die Weiterverteilung seitens SRK an die Menschen in Not?
Die Verteilung in der Schweiz wird in allen Kantonen etwas unterschiedlich umgesetzt, da auch die Grundvoraussetzungen je nach Kanton und Kantonalverband verschieden sind. Es gibt Kantonalverbände, die einen grossen Teil der Spenden direkt verteilen. Andere arbeiten eng mit spezialisierten Organisationen zusammen, die wiederum die Waren an armutsbetroffene Menschen weitergeben. So werden die Spenden auf vielfältige Weise an betroffene Personen verteilt, was uns erlaubt, eine sehr heterogene Zielgruppe gut zu erreichen. Armutsbetroffene haben in der Schweiz nämlich viele Gesichter: Alleinerziehende Eltern, Working Poor in Tieflohnbranchen, betagte Menschen, die mit ihrer Rente kaum über die Runden kommen, und weitere.
4. Wie sieht dein Tagesablauf als Projektleiterin der Aktion «2 x Weihnachten» während der Sammelphase aus?
Dieser Zeitraum ist die intensivste Phase des Projekts. Während ich auf ein eingespieltes Team zählen kann, laufen bei mir alle Fäden zusammen. Die Betreuung der Freiwilligen beschäftigt mich täglich, ihr Wohl liegt mir besonders am Herzen. Darüber hinaus beantworte ich Medienanfragen und allgemeine Anfragen von Spender*innen. Gleichzeitig bin ich auch regelmässig mit den Rotkreuz-Kantonalverbänden und anderen Projektpartnern in Kontakt, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen.
5. Wie viele Menschen helfen direkt oder indirekt bei der Aktion «2 x Weihnachten» mit? Lässt sich das ungefähr beziffern?
Wir können auf eine grosse Anzahl von Freiwilligen zählen, die uns teilweise seit vielen Jahren bei der Aktion unterstützen. Dieses Jahr sind allein bei der Sortierarbeit in unserem zentralen Logistikzentrum in Wabern über 600 Freiwillige im Einsatz. Dazu kommen die Mitarbeitenden und Freiwilligen der Rotkreuz-Kantonalverbände, die in einem weiteren Schritt die Verteilung unterstützen. Insgesamt dürften es über 1’000 Freiwillige und Mitarbeitende sein, die sich für das Projekt «2 x Weihnachten» einsetzen und es damit erst ermöglichen.
6. Die diesjährige Aktion «2 x Weihnachten» ging letzte Woche zu Ende. Was ziehst du persönlich für eine Bilanz?
Ich bin sehr dankbar für die vielen Spenden, die wir sammeln konnten. Es zeigt mir, dass viele Menschen gerne einen Beitrag leisten möchten, um armutsbetroffene Personen zu unterstützen. Ich bin auch sehr zufrieden mit dem Engagement meines Teams und der vielen Kolleg*innen, die sich in den nächsten Wochen um die Verteilung der Spenden an die Betroffenen kümmern werden.
7. Was sind deine schönsten Momente, welche du mit der Aktion erlebt hast?
Mich beeindruckt insbesondere das Engagement der vielen Freiwilligen, die uns Jahr für Jahr immer wieder unterstützen. Ich spüre, wie sie mit Herzblut dabei sind und sehr gerne ein Teil der Aktion sind. Deshalb macht mir die Arbeit mit ihnen besonders viel Freude. Auf der anderen Seite berührt es mich, wie gross die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung ist. Im Zeitraum der Aktion bekommen wir täglich 3000 bis 4000 Pakete.
Bildcredits: Urs Graber i.A. der Scheizerischen Post
Aktion «2 x Weihnachten»
Mit der Aktion «2 x Weihnachten» sammeln das Schweizerische Rote Kreuz, die SRG SSR, die Schweizerische Post und Coop jedes Jahr lang haltbare Lebensmittel und Körperhygieneartikel oder Online-Pakete für armutsbetroffene Menschen. Diese kommen armutsbetroffenen Menschen in der Schweiz oder Winterhilfeprojekten in Moldawien, Armenien, Kirgistan und Bosnien-Herzegowina zugute.
Schweizerisches Rotes Kreuz (SRK)
Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) ist die älteste und grösste humanitäre Organisation der Schweiz. In den Bereichen Gesundheit, Integration und Rettung engagiert sie sich für Menschen in Not. Sie ist in der ganzen Schweiz vertreten und in rund 30 Ländern aktiv. Das SRK umfasst 24 Kantonalverbände und vier Rettungsorganisationen.
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